autofrei leben! e.V. hat vor zehn Jahren das Lesebuch "ÜberLeben ohne Auto" herausgebracht, das sehr großen Zuspruch fand. Wir haben im Sommer 2012 in einem Schreibwettbewerb neue Texte gesucht, um die schönen Seiten des autofreien Lebens zu zeigen. Die Sieger sind Judith Langer, Jessica Hoffmann, Jochen Michel und Danilo Kurtz. Sie haben u.a. zwei Ortlieb-Radtaschen, ein Jahresabo von "zeo2" und einen Atlas der Globalisierung gewonnen. Wir gratulieren ganz herzlich und bedanken uns bei allen Einsendern für ihre Beiträge.
Hier präsentieren wir die Texte der Sieger.
Meine Eltern wollten mir den Führerschein nicht bezahlen. – So hab ich es immer dargestellt, aber mein Bruder erinnerte mich kürzlich daran, dass ich dafür doch eine zweite, teure Klassenfahrt mitmachen durfte. Ähm, das habe ich dann wohl erfolgreich verdrängt. Aber, wie auch immer, ich habe den Führerschein nie wirklich vermisst. Als ich mit 22 einen Mann mit Führerschein heiratete, war das zeitweise natürlich praktisch, denn wir wohnten einige Jahre auf dem Land, sehr abgelegen, und wir hatten 3 Kinder, da kann man schon dankbar sein über ein Transportmittel. Jedoch war Geld immer Mangelware, und die Unterhaltung der Kutsche ist nun mal teuer. Wenn das Gefährt den Dienst versagte, waren wir oft lange Zeit aufgeschmissen. Aber als mein Mann vor 23 Jahren starb, begann das – nahezu – absolut autofreie Leben für uns. Mein zweiter Mann hatte den Führerschein ebenfalls nie gemacht, und wir waren mit einem weiteren Baby nun 6 Personen, aber ein Auto vermisste niemand. Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln war es nur ein Katzensprung, und Schulen, Kindergarten, Geschäfte, Ärzte gab es auch in der Nähe. Mein Mann liebte das Fahrradfahren und bastelte leidenschaftlich gerne an Rädern herum. Die Kinder hatten ihren Räder bzw. Kindersitze auf unseren Rädern, und mein Mann schaffte noch einen Anhänger an, um die Großeinkäufe zu erledigen. Diesen Job, die Grundnahrungsmittel heranzuschaffen, hat er bis heute inne. Macht er auch besser als ich. Aber mein Fahrrad war auch immer mein kleiner LKW, mit 2 Körben ausgerüstet, begleitete es mich überall hin, bei Einkäufen, Arztbesuchen, zum Job, zu Veranstaltungen, mit der Fähre auf die andere Rheinseite und raus in die Natur. Ich habe immer noch das Gleiche, ein altes, kleines Hollandrad – von meiner Mutter übernommen, als sie nicht mehr fahren konnte.
Weiterlesen: 1. Platz: Judith Langer - Meine autolose FreiheitAutofrei leben? Ich? Unmöglich!!! ...dachte ich.
Unabhängigkeit, Freiheit, mein kleiner „Sperrmüllschätzetransporter", mein persönliches „Ichfahrwohinichwillundwannichwill-Taxi", mein kleiner blauer Freund!
Ok, TÜV, Versicherung, steigende Benzinkosten, Werkstattkosten, waschen-legen-fönen...
Aber das war mir egal – er gehörte mir – nur mir und brachte mich wohin ich wollte. Brauchte ich ihn wirklich? Früher ja, mein Weg zur Arbeit war weit und die Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln unzumutbar.Inzwischen nein, ich bin umgezogen und habe es nicht weit zur Arbeit – aber was man hat, hat man. Und es ist ja auch so bequem mit Auto.
In 10 Minuten zur besten Freundin, in 5 Stunden an die Ostsee – in 16 Stunden nach Frankreich , im Winter einmal deutlich schneller den Berg runter als ich wollte...
Weiterlesen: 2. Platz: Jessica Hofmann - UNFREIWILLIG FREI!Ein Leben ohne Auto. Bei den meisten Zeitgenossen zaubern diese Worte eine Spur des Mitleids ins Gesicht. Warum macht er das? Warum tut er sich das an? Wie bringt er denn seine Einkäufe heim? Und wenn es regnet, es regnet doch so oft, grad im Juli? Wird er nicht naß? Im Winter, mein Gott, im Winter, fällt er da nicht dauernd vor ein Auto und ist er nicht ständig erkältet? Die Füße müssen doch Eisklumpen sein. Wenn er mal weiter weg will? Vor 2 Jahren bin ich mal 30 km geradelt und ich war echt fertig, weil wir vor einem Gewitter flüchten mußten. Bekannte von uns haben den Radurlaub entnervt mit völlig durchnäßten Sachen abgebrochen.
Das sind ein paar Impressionen aus dem Realitätsausschnitt der Unbedarften. Es gibt jedoch auch ein anderes Fenster in die Welt.
Weiterlesen: 2. Platz: Jochen Michel - Der andere BlickEiner dieser Menschen,
die sich Tag für Tag pedalierend
durch die Stadt bewegen.
Kraft spüren,
Erschöpfung generieren,
Tunnel im Blick.
Erschrecken im Genick,
Gefahr in Sicht,
Alternative parat.
Technikdefekt im Gepäck,
emissionsgeschwängerte Luft,
meisternd und vollstreckend.
Einsatz ohne Widerrede.
Fahrradkurier!
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Danilo Kurtz
"Seit 1995 wurde in Europa das Autobahnnetz von 47.500 auf 62.000 Kilometer verlängert, das Schienennetz von 218.000 auf 195.000 Kilometer abgebaut sowie die Zahl der Pkws von 178 Millionen auf 225 Millionen gesteigert. Und 600.000 Menschen wurden im Straßenverkehr getötet."
--- Winfried Wolf in: „Verkehr. Umwelt. Klima”, 2007
Die besten Beiträge, die wir veröffentlichen, werden mit Sachpreisen rund ums autofreie Leben prämiiert. Unter anderem hat uns die Fa. Ortlieb Sportartikel , die wasserdichte Outdoor-Ausrüstung herstellt, zwei ORTLIEB Jubiläums-Radtaschen für diesen Zweck gespendet. Wir bedanken uns herzlich und freuen uns darauf, die Taschen an den oder die erfolgreiche/n Autor/in übergeben zu können.
Die taz hat außerdem ein zeo2-Jahres-Abo (4 Ausgaben pro Jahr) sowie einen Atlas der Globalisierung gespendet. Auch dafür vielen Dank!
Ein weiterer Preis ist Exemplar des Taschenbuch-Krimis "Blech" von Bert van Randau.