Unsere Kritik am Bundesverkehrswegeplan

Allgemeines

In seinem Sondergutachten vom Juli 2005  stellt der Sachverständigenrat für Umweltfragen fest:

"­Die Bundesverkehrswegeplanung ist für das weitgehend vollendete Verkehrsnetz in Deutschland nicht mehr angemessen und sollte daher grundlegend reformiert werden. Sie sollte transparenter und partizipativer, strategischer und umweltgerechter ausgestaltet werden. Die Bundesverkehrswegeplanung sollte mehr sein, als ein Auswahlverfahren auf der Basis von Länderwunschlisten. Sie sollte daher den strategischen Zielen der Bundesraumordnung untergeordnet werden und als Suchprozess für die besten Lösungen für ökologische oder verkehrliche Engpässe ausgestaltet werden."

Gert Marte schreibt in "Die Bundesverkehrswegeplanung im Spannungsfeld von Wissenschaft und Straßenbaupropaganda" :

"Bei einer Analyse der derzeit üblichen Planungsverfahren stellt man fest, dass sie durch politische Einflussnahme| gezielt gefälscht werden, um einen möglichst hohen Nutzen von Straßenbaumaßnahmen vorzutäuschen.
[...]
Viele Straßenbaumaßnahmen könnten bei voller Berücksichtigung des induzierten Verkehrs volkswirtschaftlich nicht mehr begründet werden. Planungsverfahren ohne Berücksichtigung des induzierten Verkehrs sind also Teil der Straßenbaupropaganda und täuschen ihren wissenschaftlichen Charakter nur vor. "

Auch in "Die schöngerechneten und weich kritisierten Straßenbauprojekte"  äußert er sich entsprechend:

"Der Straßenbau ist aber mit so starken Interessen verknüpft, dass das Berechnungsverfahren so manipuliert wird, dass ein möglichst hoher rechnerischer Nutzen von Straßenbauprojekten vorgetäuscht wird.
[...]
Es spricht alles dafür, dass politisch vorgegeben wurde, wie groß der Einfluss des induzierten Verkehrs auf die Nutzenberechnung werden darf und daraus die ominösen 7,7 % gewonnen wurden."

Unzureichende Berücksichtigung des induzierten Verkehrs

Marte bemängelt auch die mangelhafte Berücksichtigung des induzierter Verkehrs :

"Bei der Bundesverkehrswegeplanung 2003 wurde nur für 7,7% der Fahrten angenommen, dass sich die Ziele ändern können (Englmann, 2001). Dies hat zu einer Nutzenminderung um 10-20% geführt. Wenn man die 7,7% auf 100% hochrechnet, dann ergeben sich Nutzenminderungen von 130-260%. Straßenbau ließe sich in der Regel nicht mehr rechtfertigen. Man müsste Straßenrückbau betreiben."

Er erwähnt auch, daß bei der Bewertung des öffentlichen Verkehrs der induzierte Verkehr zu 100% berücksichtigt wird.

Falsche Annahmen zwecks Manipulation der Ergebnisse

Rudolf Pfleiderer weist im mobilogisch! 3/05 auf einen gravierenden Fehler im Handbuch des Bundesverkehrswegeplans hin:

"Auf Seite 150 sind die q-v-Funktionen dargestellt, die den Zusammenhang zwischen Verkehrsstärke q und der Geschwindigkeit v beschreiben. [...] Im Staubereich wird [...] so gerechnet, als ob die Geschwindigkeit auf Autobahnen nie unter 20 km/h absinken kann und beliebig viele Autos pro Stunde fahren könnten. Das ist absurd [...]."

Gert Marte folgert daraus:

"Durch die Annahme des realitätsfernen Staubereichs liefern die Computerprogramme das Ergebnis, dass im Ohnefall gewaltige Reisezeiten entstehen und die Kapazität des Straßennetzes unbedingt erhöht werden muss." (Quelle s.o.)

Unterschiedliche Modelle bei Prognose und Bewertung

Laut Marte wird bei der Prognose ein konstantes Reisezeitbudget angenommen, der induzierte Verkehr also voll berücksichtigt. Bei der Bewertung wird er aber nur mit 7,7% berücksichtigt. Dazu schreibt er:

"Warum für die Prognose ein anderes Modell benutzt wird als für die Bewertung, lässt sich wissenschaftlich nicht begründen. Die verkehrspolitische Begründung ist aber klar. Je höher der für die Zukunft prognostizierte Verkehr ist, desto höher wird der rechnerische Nutzen von Verkehrsausbaumaßnahmen." (Quelle s.o.)

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Zitate

"In den letzten dreißig Jahren hat sich der Pkw-Bestand in Deutschland verdoppelt. Leben wir heute besser? Also können wir den Bestand um die Hälfte zurückfahren. Und haben wieder doppelt so viel Platz und freie Sicht in unseren Städten. Das ist eine Befreiung wie damals, als die Stadtmauern und -befestigungen abgerissen wurden..."

---- Bertram Weisshaar, in der taz, am 20. November 2010

 

Das Auto ist vieles, bevor es Verkehrsmittel ist: Prestigeobjekt, Fetisch, Sportgerät, vor allem aber – ein grosses Freiheitsversprechen. ...  Die Freiheitsbilanz des Autos ist zweifelhaft aus der Sicht der Autonutzenden; aus der Aussensicht ist sie verheerend. ...

Im 20. und 21. Jahrhundert starben weltweit mehr Menschen im Strassenverkehr als in Kriegen, und wenn in den früh motorisierten Ländern die Zahl der Verkehrstoten seit 1970 abnimmt, so vor allem, weil sich die zu Fuss Gehenden unterworfen haben....

Aus: Das Auto und die Freiheit - moneta - Magazin für Geld und Geist