Kaum ein anderes Verkehrsmittel polarisiert so sehr wie der öffentliche (Nah-)Verkehr. Die einen hassen ihn, die anderen lieben ihn. Dabei leiden Busse und Bahnen unter negativen Vorurteilen von Nichtnutzern und Medienschaffenden so sehr, wie Autos von PS-Liebhabern, Motorzeitungen und den Marketingabteilungen der Hersteller in eine quasi-heilige Position gerückt werden. Wir wollen hier nicht in die glorreiche Vergangenheit der Massentransportmittel zurückgehen oder die Werbepsychologie der Autokonzerne anprangern. Aber wir zeigen, dass Autofreie nicht nur auf Busse und Bahnen angewiesen sind, wenn Sie weitere Strecken zurücklegen müssen. Regelmäßige Fahrgäste im öffentlichen Verkehr wissen ihn zu schätzen und können mit ihm und seinen Schwächen umgehen. Da er sie in 95 Prozent der Fälle zuverlässig, bequem und sicher ans Ziel bringt, lieben sie ihn auch.
Gegenüber dem Auto hat das Fahren in Bussen und Bahnen mehrere Vorteile. Der wichtigste sind die viel geringeren Kosten (s.u.). Viele Autofahrer schätzen sie völlig falsch ein, genauso wie den Zeitfaktor. In der Stadt ist man zwar meist mit dem Fahrrad am schnellsten. Und natürlich muss man auf den Bus auch mal 10 Minuten warten, oder die Bahn hat eine viertel Stunde Verspätung. Aber mit dem Auto stehen Sie regelmäßig im Stau und verbringen lange Zeit damit, einen Parkplatz zu suchen. Und die meisten größeren Städte sind mit der Bahn im ICE zu erreichen, der Geschwindigkeiten fahren kann und darf, die für Autos unerreichbar sind. Unterm Strich ist der öffentliche Verkehr nicht viel langsamer als das Auto, was die reine Reisezeit angeht.
Wenn man die Arbeits- und Lebenszeit betrachtet, können Busse und Bahnen ihre Stärken voll ausspielen: In der U-Bahn können Sie morgens bequem die Tageszeitung lesen oder E-Mails auf dem Smartphone beantworten. Im Zug können Sie ihre Präsentation am Laptop fertig stellen, Unterlagen vorbereiten oder mit Geschäftspartnern von Angesicht zu Angeischt reden. Im Auto können Sie nur Musik hören oder ihren Beifahrer anschreien, während Sie die Hände am Lenkrad haben. Und wie viel Zeit in Ihrem Leben verbringen Sie eigentlich damit, nur für Ihr Auto zu arbeiten? Sie könnten ohne Auto mit dem gleichen Lebensstandard wahrscheinlich in Teilzeit arbeiten, und anfangen, das Leben zu genießen – auf dem Fahrrad oder beim Wandern in der Natur.
Ein weiterer - im Zweifelsfall überlebenswichtiger - Vorteil von Bussen und Bahnen ist, dass Sie heil ankommen. Egal ob Sie todmüde sind, krank oder nach einer Feier nicht mehr Herr über Ihre Sinne - der Fahrer ist topfit und Profi. Und die Verkehrsunfallstatistiken sprechen ein eindeutiges Bild. Der öffentliche Verkehr ist deutlich sicherer als das Auto. Bus- und Bahnunglücke sind so selten, dass die Presse über jedes einzelne bundesweit berichtet - Autounfälle greift oft nicht einmal die Lokalpresse auf. Im Jahr 2010 gab es bundesweit 146 Tote und 118 Schwerverletzte durch Schienenverkehrsunfälle (meist an Bahnübergängen), aber allein 3.648 Tote (und über 370.000 Verletzte) durch Straßenverkehrsunfälle. Auf 1 Milliarde gefahrene Kilometer starben 0,8 Bahnreisende, aber 7,7 Straßenreisende. Und kein einziger Bahnfahrgast starb 2010!
Kaum ein Autofahrer rechnet sich ehrlich aus, wie viel ihn sein Gefährt wirklich kostet. Es ist ja nicht nur der Kraftstoff: Steuern, Versicherung, Werkstatt, Parkgebühren und vor allem der Wertverlust summieren sich z.B. bei einem VW Golf 1.6 TDI auf 6.540 € jährlich, wenn Sie damit 20.000 km pro Jahr fahren (Quelle: VCD). Ein Kleinwagen kostet monatlich so im Schnitt ca. 300 €, ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse verschlingt mindestens 800 € pro Monat. Eine Zeitkarte für den örtlichen Verkehrsverbund bekommt man schon für einen Bruchteil dieser Summe. So gibt es z.B. eine Umweltkarte in Berlin ab 675 € im Jahr - das sind also nur ca. 60 € im Monat!Welche günstigen Pendler-/Vielfahrertarife gibt es? Wel-che Tickets bietet Ihr örtliches Verkehrsunternehmen für Familien mit Kindern an? Wann darf man Fahrräder in den Bussen und Bahnen mitnehmen?
Im Internet, bei der telefonischen Bahnauskunft oder auf dem Smartphone können Sie Verbindungen – auch von Tür zu Tür – heute schnell und sehr praktisch herausfinden. Bei gedruckten Fahrplänen ist ganz besonders auf kleine Symbole zu achten, die auf Besonderheiten hinweisen wie z.B. Tage, an denen dieser Bus nicht fährt. Sie hängen an den Haltestellen aus und gibt es meist kostenlos am Bahnhof bzw. für den Bus beim Fahrer zum Mitnehmen.
Für moderne Smartphones gibt es von vielen Anbietern sehr praktische Anwendungen, um schnell und einfach die nächstgelegene Haltestelle und die besten Verbindungen herauszufinden.
Eventuell lassen sich evtl. schnellere und bessere Verbindungen erreichen, wenn Sie mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren. Für umständlichen Gepäcktransport bietet sich evtl. ein Kurier- oder Lieferdienst an.
kommen genauso vor wie Verspätungen mit dem eigenen Auto. Gerade der Umgang mit Verspätungen zeigt den Unterschied zwischen der Autofahrer- und Bahnfahrermentalität: Ein Autofahrer wähnt sich immer als Herr seiner Lage, kontrolliert das Fahrzeug und wählt seine Strecke selbst. Auch dann wenn er im Sommerferienanfangsstau schmort, fühlt er sich noch als Individuum. Der erfahrene Bahnfahrer dagegen hat sich damit abgefunden, die Verantwortung für sein Vorankommen anderen zum großen Teil zu überlassen. Er hat immer genug Lesestoff und Picknick dabei, und erweist sich als erfahrener Fuchs erfinderisch beim Austüfteln von Alternativverbindungen.
Informieren Sie sich am besten rechtzeitig, über folgende Punkte, bevor Sie Ihr Auto verschrotten:
Der VCD, LV Elbe-Saale wirbt mit umfassenden Informationen für die Rikscha und ihre vielen Vorteile
Kampagne des BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Plattform der Fahrradkuriere, Freunde der Kurier-Gemeinschaft und Interessierte
Liste der Städte mit Fahrradkurieren / Kurierfirmen-Webkatalog
Lesenswerter Blog mit Fotos und Erfahrungsberichten von bakfiets-Rädern.
"Es geht nicht um einen Kampf für oder gegen das Auto, sondern es geht um einen Kampf für die Freiheit des Menschen aus der Diktatur von Fahrmaschinen."
--- Hermann Knoflacher in "Stehzeuge"